Katzenjammer

Katzenjammer - über die böse Tante Google
Katzenjammer - über die böse Tante Google

Manchmal kann man es einfach nicht mehr sehen. Oh wie ist Google böse! Aktuell geistert es durch den Internetwald, dass Google Analytics ganz ganz böse ist! Oberste Datenschützer haben auf der Suche nach Arbeit mal wieder im Datennetz gesucht, um dem Datenschutz zu frönen. Und aktuell ist Google Analytics böse, was mitunter durch ziemlich pomadige Unterstützung der Leitmedien in die Hirne des gemeinen Internetnutzers gehämmert wird.

 

Was ist Google Analytics überhaupt?

Google Analytics ist ein Dienst, den man als Webseitenbetreiber mit ein paar Zeilen Quellcode auf seiner Website einbinden kann, und der Besucher zählt. Es misst neben den nackten Zahlen noch die Herkunft, die Verweildauer, mit welchen Suchwörtern über eine Suchmaschine die eigene Seite gefunden wurde und die Technik (Browser / Betriebssystem / Provider / Verbindungsart). Google hat diesen ehemals kostenpflichtigen Dienst Urchin 2005 von einer anderen Firma aufgekauft und unter eigener Flagge kostenlos zur Verfügung gestellt und weiterentwickelt. Es ist also keinesfalls so, als hätte Google hier irgendwas innovatives entwickelt um den gläsernen Bürger zu schaffen. Das Prinzip ist so alt wie das Internet selbst, da ein Seitenbetreiber ein natürliches Interesse über den Erfolg seiner Website hat. Analytics ist auch nicht der einzige Dienst in diesem Bereich – es gibt Hunderte. Ich selbst habe ja von 2000-2007 mein eigenes System entwickelt, was genau das macht wie Google Analytics – und immerhin war es zu Spitzenzeiten auf mehreren 10.000 Seiten installiert. Das Problem mit Analytics sehen Datenschützer vielschichtig.

 

 

Warum über Google Analytics und keinen anderen Anbieter?

Wenn ich mich recht erinnere, kostete der Vorgänger von Analytics eine Pauschale ab $99 im Monat, was er ab einer gewissen Seitengröße auch durchaus wert war. Dadurch, dass Google Analytics nach der Übernahme den Dienst fortan bis 5Mio Seitenimpressionen pro Monat und Domain kostenlos zur Verfügung gestellt hat, kam es natürlich zu einem sprunghaften Anstieg der Nutzerzahlen. Analytics bietet kostenlos wohl den größten Umfang mit dem unkompliziertesten Aufwand. Allerdings liegen diese Daten alle bei Google – einem immer größer werdenden Internet-Monopol. Hier sehen Datenschützer die Gefahr, dass personenbezogene Daten verschiedener Dienste miteinander verknüpft werden könnten, um so eine ideales Bild des Nutzers zu bekommen. Die Gefahr bestünde der Diskussion folgend darin, dass Google massenhaft Nutzerprofile bekommt, die gewinnbringend eingesetzt werden könnten. Dieses Prinzip kennen wir von Payback, Quelle und wie sie heißen. Adressen sammeln – Profile erstellen – Werbung. Vergessen wird hierbei jedoch, dass Google bereits vor einiger Zeit einen ganz anderen, und letztendlich viel erfolgreicheren Weg eingeschlagen hat, mit Werbung Geld zu verdienen. So viel Geld, dass das Google Universum für den Otto-Normalverbraucher kostenlos verfügbar ist.

 

 

Warum Nutzerprofile für Google im Vergleich „wertlos“ sind!

Google hat mit AdSense und AdWords Werbestrategien entwickelt, die sich nicht am Besucher, sondern am aufgerufenen Inhalt, also dem derzeit aktuellen Interesse des Besuchers, orientieren. Ruft man eine Internetseite auf, auf der Google AdSense Werbung geschaltet ist, weiß Google um den Inhalt der Website und zeigt automatisch thematisch relevante Werbung an. Dies erklärt auch den ungeheuren Erfolg dieses Modells und die scheinbar endlose Liquidität der Firma. Früher war es so, dass man sich mühsam aus einem Pool Werbender ein paar Kategorien grob aussuchen konnte, um dann doch wieder nackte Damen in Werbeanzeigen auf der eigenen Homepage sehen zu müssen. Hiermit hat Google Schluss gemacht. Das Prinzip funktioniert sowohl für den Besucher, für den Werbetreibenden, als auch für den Werbeplatzanbieter besser, als jedes bisher dagewesene Werbeprinzip, da es so unmittelbar am derzeitigen Gedanken des Besuchers ist, wie kein anderes Prinzip. Und es ist damit um längen besser, als irgendwo gespeicherte Nutzerprofile, weil es unmittelbarer arbeitet. Erleichternd für Datenschützer sollte es eigentlich sein, dass sich die Werbung am Website-Inhalt, und nicht am Besucher orientiert. Der Verkauf oder der Aufbau von Nutzungs- und Kaufstatistiken halte ich deshalb für ein Verfahren, dass der Einzelhandel aus Mangel an Möglichkeiten intensiv nutzt – Google kann es jedoch im Prinzip egal sein, da jeder Aufruf einer Seite unmittelbar das Interesse des Besuchers vermittelt.

 

 

Das Klagen im Walde über Google Analytics

Interessant zu sehen ist, wie und wo die Bedenken der Datenschützer dankbar aufgenommen werden. Google Analytics wird nicht der beste Ruf angehaftet – und das hat seine Gründe. Zunächst hat Analytics, das habe ich am eigenen Umsatz gemerkt, einen ganzen Wirtschaftsbereich ad absurdum geführt, da Google seinen Dienst eben kostenlos und häufig noch mit besseren Daten und sowieso besser aufbereitet anbietet. Ich konnte mein System AllMyVisitors praktisch nicht mehr verkaufen, und habe es dann 2007, zwei Jahre nachdem Analytics das Licht der Welt erblickte, als „tu damit was du willst“ Software kostenlos zur Verfügung gestellt. Zuvor wurden je nach Lizenz 0€, 19€ oder 59€ fällig.

In den großen Verlagshäusern wird, wie es schon im Print-Bereich üblich ist, häufig IVW eingesetzt. Das kleine Dreieck findet sich eigentlich in jeder größeren Zeitschrift, und der Tracking-Code auch auf jedem größeren aus dem Print Bereich kommenden Online Magazin. IVW ist im Prinzip das gleiche Prinzip wie Analytics – es soll die Nutzungsart der Website für den Seitenbetreiber transparenter machen.

Es mutet komisch an Berichte über das böse Google Analytics zu lesen, auf dessen Seite mit gleich 4 weitere Tracking-Dienste Cookies setzen wollen, um mich und mein Surfverhalten zu verfolgen. Ist das Zielfernrohr auf Google Analytics am Ende wieder mal nichts anderes als Lobbyarbeit gegen einen unbequemen Gegner? Das Argument „die Daten werden in die USA übertragen“ ist ja allgegenwärtig und wiedermal gerade aufgrund der Internationalität des Internets und dessen Anbieter lächerlich wie eine Stammtischdiskussion über Quantenphysik.

 

 

Die Sache mit den personenbezogenen Daten

Da Google die Verknüpfung von Nutzerkonten nie auch nur im Ansatz nachgewiesen werden konnte und auch von Google dementiert wird, ich habe ja gerade darüber geschrieben warum Google die Möglichkeit im Prinzip auch am Scheitel vorbei gehen kann, hat man aktuell umgerudert und beruft sich auf die widerrechtliche Verarbeitung von „personenbezogenen Daten“. Diese dürfen aus gutem Grund nur dann verarbeitet werden, wenn der Nutzer dazu sein Einverständnis gibt. In der Praxis ist es jedoch so, dass kaum Bestellungen bei einem großen Versandhaus überhaupt möglich sind, ohne dass man es zu akzeptieren hat. Interessant ist hierbei, dass ich z.B. auf meine amazon E-Mail Adresse ausschließlich E-Mails von amazon bekomme. Die E-Mail Adressen meckermann@armin-gerhardts.de, baurnfeind@armin-gerhardts.de oder schwabtich@armin-gerhardts.de  habe ich auch nur für exakt ein Login-Formular genutzt – welches mag jeder selbst entscheiden. All diese Adressen sind längst nicht mehr aktiv, da sie von Spam überflutet wurden obwohl sie nachweislich nur einem Unternehmen bekannt waren. Böses „Internet“ – kauft lieber im Einzelhandel oder den „etablierten Versand-Kataloghäusern. Die Frage scheint nicht zu sein, ob man im Internet bestellt, sondern eher wo!

 

 

Die IP Adresse als personenbezogenes Datum?

Die Tür, die unsere Hofdatenschützer da aufgetreten haben, ist aber eine grundsätzliche, und keine Google Analytics spezifische. Es ist die Frage, ob die IP Adresse, die jeder Internetnutzer zum Zeitpunkt der Nutzung exklusiv hat, ein personenbezogenes Datum ist, oder nicht. Eindeutige Adressen sind zwingend nötig, um die Kommunikation im Internet möglich zu machen, da logischerweise Zieladressen eindeutig sein müssen, an die Daten gesendet werden sollen. Die Frage, ob nun die IP Adresse ein personenbezogenes Datum ist, ist rechtlich nicht klar. Fakt ist, dass man ohne staatsanwaltschaftliche Hilfe mit der IP Adresse als Privatmann oder Unternehmen weder einen Namen, noch eine Postadresse oder ein Foto eines Nutzers bekommt. Man hat die IP Adresse und ein Nutzungsprofil der IP Adresse – das wars! In der Regel nach spätestens 24 Stunden wechselt die IP Adresse durch das vom Provider eingestellte Zwangs-Logout. In Zeiten von Routern bekommt man das als normaler Surfer nicht mit.

Jedoch gibt es zum „Schutz des Urheberrechts“ immer wieder Bemühungen seitens der Politik und Lobbygruppen, Stammdaten der Provider, die als einzige ohne staatsanwaltschaftliche Hilfe eine IP Adresse mit einer Datumsangabe einem Anschluss zuweisen können, Vermarktungsgesellschaften auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Hier bedient sich dann ein privates Unternehmen bei einem anderen um personenbezogene Daten zu tauschen – interessiert keinen! Die Vorratsdatenspeicherrung ebnet hier den Weg. Hier läuft dann tatsächlich alles zusammen, aber dass ist meilenweit entfernt von dem was Google Analytics macht und wofür es ist.

Allerdings ist für mich auch garnicht klar, ob die IP Adresse von Google Analytics überhaupt im Rahmen der Gesetzgebung als „verarbeitet“ gilt, da Analytics bekanntlich Cookies setzt, also kleine Textdateien, mit denen man den Besucher wiedererkennen kann. Nehmen wir hier wieder mein entwickeltes Tracking-System, so bestand dort bereits Jahre vor der Diskussion die Möglichkeit, die IP Adressen zu anonymisieren, da mit dem Cookie die Wiedererkennung des Besuchers, und somit die korrekte Zählung ebenfalls möglich ist. Als Analytics Nutzer sieht man ebenfalls nirgendwo eine IP Adresse. Warum auch – anfangen kann man mit der sowieso nichts.

 

 

Die Sache mit den Cookies

Cookies sind kleine Textdateien, die eine Internetseite über den Browser auf dem PC des Surfers installiert. Sie dienen zur Identifizierung des Besuchers. Technisch basieren sie aus einem Namen und einem Inhalt. Hiermit werden z.B. Auto-Login Mechanismen, Warenkorbsysteme uns ähnliches realisiert – oder eben das Tracking. Wichtig zu wissen ist, dass Domain A technisch bedingt nicht auf Cookies die mir Domain B auf dem Rechner gespeichert hat, zugreifen kann. Aktuell gibt es einen ganz schlauen EU Gesetzentwurf, der die Nutzung bzw. das Setzen von Cookies durch den Seitenbetreiber regeln möchte. Angedacht ist, dass gesetzlich geregelt über ein Popup dem Setzen eines Cookies zuvor zugestimmt werden muss. Ungeachtet dessen, dass ich in einem solchen Internet nicht surfen möchte, existiert die freiheitliche Nutzung genau diesen Prinzips längst. Jeder Browser verfügt über die Möglichkeit, jedem Cookie vor dem Schreiben zustimmen zu müssen.

Der Selbsttest: Beim Aufruf von Spiegel Online muss ich zunächst drei Cookies bestätigen. Die FAZ hätte gerne vier Cookies bestätigt. Die Krone bekommt aber Welt Online mit ganzen 15 zu bestätigenden Cookies. Hier vergingen 20 Sekunden, bis ich die Startseite aufrufen konnte. Zeit Online konnte ich ohne automatische Cookie-Verwaltung gar nicht aufrufen. Alles Online Magazine übrigens, wo mir ein spezieller Anbieter für jede Seite einen Cookie installieren will. Ein Dienst der nicht Analytics heißt, aber trotzdem die Besucher tracken will und den ich eher im Verdacht sehe Profile zu erstellen, weil er das länger macht, als Analytics atmet. Einige obiger Magazine waren in der Vergangenheit nicht gerade bekannt dafür, rational das „Problem Google Analytics“ zu beschreiben.

Die Bestrebung den Surfer über die Nutzungsmöglichkeiten und Risiken aufzuklären halte ich zumindest für eine bessere Taktik. Hier gab es ja erst kürzlich eine eindeutige Ansage aus der Politik. Dann wäre auch die lästige Cookie Diskussion obsolet, denn Cookies lassen sich wie bereits erwähnt längst mit jedem halbwegs modernen Webbrowser blocken oder nur auf Nachfrage installieren. Hier braucht es wie so oft keine gesetzliche Regelung sondern schlicht Aufklärung – in Politik und beim Surfer. Das Werkzeug hat der Surfer also längst. Es scheint jedoch nicht praktikabel.

 

 

Aber Google ist böse, und solange das nicht beweisbar ist, bleibt es vermutet!

Niemand hat etwas zu verschenken. Jemand, der kleinen Kindern Lutscher schenkt, ist direkt fragwürdig. Warum sollte das bei Google anders sein – ein Unternehmen, dass jährlich Milliarden verschenkt (wenn man annimmt, jede kostenlose Nutzung ließe sich in einer kommerzielle übertragen, wie es Verwertungsgesellschaften bei der Bilanzierung der Verluste gerne machen)! Es bleibt die Frage, ob Googles Dienste ebenso erfolgreich wären, wenn sie kostenpflichtig angeboten würden. Der Google Suchdienst ist Marktführer, mit Google Earth hat Google einen ganz neues Feld aufgetreten und ist ebenfalls Marktführer, kostenlos für den Normalnutzer. Das Prinzip ist mir auch von meinen eigenen Produkten nicht neu, es heißt „kostenlos für private und gemeinnützige Zwecke“. Bei Google müsste man dies noch erweitern in „kostenlos für privat, gemeinnützig, und gewerblich kleine Fische.

Um mit Googles Firmenleitsatz zu enden: Don’t be evil!

4 Antworten auf „Katzenjammer“

  1. Das Beste an diesem Artikel ist das Foto 😉

    Ich frage mich ebenfalls seit geraumer Zeit, warum man dieses Google-Bashing in den Medien betreibt. Vielleicht fehlt mir das Vorstellungsvermögen, was man alles Böses mit den gesammelten Daten anstellen kann.

    Was mich persönlich an diesem Google-Tracker stört, er behindert öfters den schnellen Seitenaufbau.

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