Papst adé

Matthiaskirche Budapest - christliche Bescheidenheit
Matthiaskirche Budapest - christliche Bescheidenheit

Eine Gesellschaft ohne Gott ist die Hölle auf Erden

So hat es der in der Zwischenzeit durch den Missbrauchskandal in der Katholischen Kirche in Ungnade gefallene Bischof Mixa zur Osterbotschaft 2009 formuliert.

Wo Gott geleugnet oder bekämpft wird, da wird bald auch der Mensch und seine Würde geleugnet und missachtet

Die Vermittlung der Hölle erfolgt heute subtiler und wird gerne auch mal auf das Diesseits verschoben. Wenn man nicht mehr weiter weiß, kommt ein Holocaust-Vergleich. Auch der Papst widmete sich in seiner Rede im Bundestag der Findung von Wahrheit, von Gut und Böse. Irgendwo im philsophischen Groschenroman verhaftet schaffte er es eine Rede zu halten, die Volksvertreter ernsthaft als die „wichtigste Rede im Bundestag“ definieren. Glücklicherweise wurde nicht näher nachgefragt, worauf diese Ansicht gründet, wie insgesamt die Nachfrage dieser Tage wenig reizvoll erscheint. Sie ist auch wenig fruchtbar. Ich kann auch überhaupt nicht erkennen, wo sich die so viel zitierte Intelligenz äußert, die der Papst inne haben soll. Ich möchte eigentlich nicht vermessen werden, aber mir liegt eine weitere Zuckertütchen-Weisheit auf den Lippen:

Die Intelligenz des Fuchses ist in der Dummheit des Huhns begründet

Blickt man auf die skandinavischen Länder so erkennt man, dass ihre Bewohner im Vergleich länger leben, glücklicher oder zufriedener mit sich und ihrer Umwelt sind, weniger Armut haben, familienfreundlicher sind, eine bessere Integration aufweisen.  Sogar die Geburtenrate zählt zu den höchsten in Europa. Skandinavien wird in vielen Fragen gerne als Musterlösung, als Blaupause herangezogen. Das verwundert insofern, als dass die Säkularisierung, und mehr noch die Entchristlichung dort mit Abstand am stärksten ausgeprägt ist. Es wäre verkürzt die positiven Eigenschaften der Länder genau darauf zurückzuführen, dass sie größtmöglich ohne Gott auskommen wollen. Aber Skandinavien ist die Ohrfeige jeder christlicher Bemühung, in dem Fall mal wieder mit der Hölle, das Volk von der Unabdingbarkeit ihres Glaubens zu überzeugen, um ein lebenswertes, gerechtes Leben leben zu können. Skandinavien ist der Beweis, dass es nicht die alten Werte sind, man nicht „christsein“ wagen muss, um dem Übel in der Welt zu entgehen.

Der Papst hat nun erneut den Gültigkeitsanspruch seiner Institution damit zu untermauern versucht, in dem richtigerweise anmerkte, dass Mehrheitsentscheidungen ein begrenztes Mittel darstellen. Weder äußert sich in der Mehrheit zwingend Gerechtigkeit, noch Wahrheit. Allerdings zieht er, dass wird jedoch erst im Gesamtkontext seiner Deutschlandreise deutlich, einen kolossalen Fehlschluß, der mich selbst immer wieder wundern lässt, wieso man diesem Mann eine derart überhöhte Intelligenz zuweist. Denn die Installation von Gott, oder noch konkreter der römisch katholischen Kirche als letztendlichen Taktgeber von Gerechtigkeit und Wahrheit ist denkbar ungeeignet, und sie steht auch nicht über dem Menschen, sondern ist genauso aus der Schaffenskraft des Menschen entstanden, wie der Gedanke der Gleichberechtigung und Demokratie. Wie viele Jahre benötigt es noch, um das zu erkennen? Der Ruf nach Gott ist der Ruf nach einem Monarchen und / oder einem Oligarchen. Und da Gott aus unerfindlichen Gründen nicht selber spricht, sind es immer die rückwärtsgewandten Stillstandsprediger, die für sich das Recht beanspruchen von und über Gott zu sprechen. Die Geschichte spricht nicht gerade für das Konzept (scheinbarer) absoluter Wahrheit in elitären Kreisen.

Zeigt doch die Geschichte der katholischen Kirche selbst, dass Gerechtigkeit und Recht ein dehnbarer Begriff ist. Die heute selbstverständliche Unveräußerlichkeit der Würde des Menschen war lange Zeit gerade in der Kirche mit der Beharrung auf Dogmen eben nicht Recht, woraus ganz fürchterliche Lehren gezogen wurden, mit deren Erbe wir noch immer belastet sind. Die heute ach so christliche Gleichberechtigung war für die katholische Kirche noch in den 60ern eine „Anmaßung des Menschen“. Ich habe vor einiger Zeit schon darüber geschrieben, dass die Bibel für sich genommen überhaupt kein Maßstab sein kann, dass man eine weitere Grundlage benötigt die bestimmt, welche Passagen wir gerne der Bibel sinnstiftend entnehmen möchten, welche wir lieber beschämt ignorieren oder verklären. Gott als solches, und so wie er sich uns in der Bibel äußert, ist nicht geeignet für die Installation moralischer Gesetzmäßigkeiten, da er gleichsam zum Völkermord und zur Nächstenliebe aufruft. Es scheint fraglich, ob man bei Massenmördern, Amokläufern und Gotteskriegern von Personen sprechen kann, die „Religion missbrauchen“. Viel mehr zeigt sich, dass sie die ihnen anerzogene Religion gebrauchen, wie die Weinrebenerzähler. Wer von Missbrauch der Religion spricht, offenbart seine eigene gänzlich ungöttliche Instanz, die in einem moralisch argumentiert und interpretiert. Das ist gut so! Die Vereinnahmung der inneren Stimme des Menschen durch den Glauben ist hier nicht weniger, als der Versuch Gott durch die Hintertür zu installieren. So wird auch gerne der Agnostiker oder Atheist von dem Gläubigen als Gottes Werk verstanden, um das Gesamtbild konzeptionell zu vervollständigen.

Die Kernfrage ist ganz simpel: Warum berufst Du Dich auf die durchaus vorhandenen guten oder gut gemeinten Passagen der Bibel, nicht aber auf die fragwürdigen gar beängstigenden? Die Frage lässt sich evolutionär beantworten. Eine theologische Antwort verheddert sich hier weiter in Widersprüche. Es ist evident, dass wir nur die Handlungen Gott gestiftet zusprechen, die wir selbst für moralisch wertvoll halten, und nicht umgekehrt den Völkermord für moralisch halten, weil Gott ihn befahl. Doch auch ganz ohne den so sorgsam zurechtgelegten christlichen Gott, der von sich selbst behauptet das Licht und die Wahrheit zu sein, leben Milliarden Sünder auf diesem Planeten mindestens so verantwortungsvoll, wie es der Papst kaum besser machen könnte. Ihnen hat er sich nie offenbart, und vermissen scheint ihn auch niemand.

Bei seiner Rede ging es dem Papst um nichts weiter als die gravierend schwindenden Machtpositionen der Kirche in Deutschland wieder zu stärken und daran zu erinnern, dass die Weltlichkeit den Taktgeber einer Geistlichkeit benötigt, und um dem Nachdruck zu verleihen war man sich auch nicht zu schade das Nazi Regime aus dem Wandschrank zu holen. Nichts anderes hätte man auch vom Geschäftsführer je erwarten können, als dass er sich selbst und seine Organisation als Taktgeber für das Gute verstanden wissen möchte. Der Glaube an eine Reformierung und Demokratisierung ist aberwitzig. Kein totalitäres System überlebt, wenn es ihren Hoheitsanspruch demokratisiert, da gerade die undemokratische Struktur es definiert. Das ändert aber nichts an  Wahrheit und Gerechtigkeit. Die Bringschuld der Kirche ist hier nicht mehr zu beziffern.

Und es scheint heutzutage tatsächlich ein solches Gespinst aus wirren Thesen und einen gehörigen Apparat aus Reglementierung geben zu müssen, um das faulige Konstrukt dahinter zu verbergen. Wer sich vergegenwärtigt, wie Jesus vom einfachen Apokalyptiker völlig überhöht nach der bitteren Niederlage am Kreuz postum zum neuen Gott erhoben wurde bzw. von seinen Anhängern werden musste, indem ihm alles mögliche und unmögliche in den Mund gelegt wurde, mit welchen Machtspielchen die katholische Kirche ihren Einfluss bekam und bis heute zu stärken versucht, der kann über Reformierungswünsche eigentlich nur müde lächeln.

3 Antworten auf „Papst adé“

  1. In ein er Sache unterliegst du einem gewaltigen Irrtum. Es gibt in den skandinavischen Ländern (allen voran Schweden) ein weitaus lebhafteres Christentum, als in unserem „christlichen Abendland“. Die dortigen Christen, allen voran die Pfingstbewegung und die Baptisten, sind dermaßen aktiv, das wir in Deutschland Missionare haben, die von dort aus unterstützt werden, um hier wieder echtes Christentum zu etablieren.

    P.S.: Ich spreche von Christentum, nicht von Kirche!
    cu
    Holger

  2. Für echtes Christentum muss man gar nicht so weit fahren, es fängt bei jedem selber an und kann auch hier erlebt werden mit vielen Sängerinnen und Sängern aus Radevormwald und Oberberg:
    http://gloria.tv/?media=91844
    Da kann man auch mitsingen, wenn man mit Glauben nichts anfangen kann, aber die Musik schön findet. Man darf nur nicht allergisch gegen Predigten sein.
    Oder zum Monatsende beim Andheribasar in Radevormwald http://www.andherihilfe.de , einem christlich inspirierten Hilfswerk, über das auch schon Franz Alt einen Film gedreht hat: http://www.youtube.com/watch?v=RrL1XvM4hRc

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert