The darkness inside

Max Payne II
Max Payne II

Things are going fast from bad to worse…

So, jetzt sind sie mal wieder dran! Keine Woche war der Amoklauf her, und der gute Herr Pfeiffer drängte sich mal wieder in die Talk-Shows, um keine offenkundige Unwissenheit auszulassen, und die Computerspiele mit seiner zufällig in dieser Zeit fertig gestellten Posse Studie zum Konsumverhalten jugendlicher Computerspieler zu veröffentlichen und die Medienlandschaft mit vorgefertigter Meinung vollzuschwemmen. Naja, eigentlich hat der Herr Pfeiffer schon mächtig relavitiert, das ist nur bei den Medien noch nicht so ganz angekommen. Allerdings muss man sich schon fragen welches Resultat eine Studie haben kann, die von derart voreingenommen Personen durchgeführt wird. Das ist in der Wissenschaft nicht unüblich: Die Glaubwürdigkeit einer Studie, ist vor allem von der oder den Personen abhängig, die diese Studie durchführen. Immerhin gibt ein Drittel amerikanischer Studienführer an, zum Wunschergebnis hinzurechnen. Deshalb wird die Glaubwürdigkeit vorab mit Referenzwerken abgeschätzt. Im Falle KFN wird alles erstmal hingenommen, auch mangels Alternativen, denn viele Studien sagen genau im Resultat häufig das Gegenteil von dem, was man eigentlich gerne hören will, und es bleibt unverständlich, dass einem medial aufgebautem Monster von einer Bundesprüfstelle „soziale Kompetenz“ vermittelt wird. Nach wie vor ist es der „Ego-Shooter“ „Counter-Strike“, der in Wirklichkeit nie ein Ego-Shooter war, der als Schlagwort aber gute Einschaltquoten garantiert. Im öffentlichen Fokus ist „Counter-Strike“ längst zum Sinnbild des Bösen geworden – es ist das Marilyn Manson für Deutschland.

Seehofer fühlte sich zumindest schonmal genötigt, direkt ein Verbot für Killerspiele zu fordern.

Die Rolle artig gelernt, die selben Effekte, und Reaktionen…

Dabei wird der gute Mann wie seine Vorgänger selbst wohl nicht mal genau wissen, wovon er redet, wenn er den Begriff „Killerspiel“ in den Mund nimmt. Die Definition ist mir überhaupt nicht klar, für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich Max Payne, GTA, Manhunt oder Couterstrike spiele. Man könnte auch sagen „Auto ist Auto„, oder gibt es da Unterschiede? Nee, alles gleich, von allem keinen Plan. Das macht aber auch nichts, Hauptsache man demonstriert Regierungs- und vor allem Reaktionsfähigkeit. Und mit den Killerspielen treibt man wohl die schwächste Sau durch das Dorf. Da lässt man es sich seitens des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen auch nicht nehmen, eine direkte Kausalität von Computerspielen zur Verrohung der Jugend, unter Mißachtung aller zur Korrelation in Frage kommenden Variablen, zu knüpfen. Außer dem Computer hat sich in der Welt nach 1960 ja auch nichts mehr getan. Da springen Medien und Politik gerne drauf an, denn das können Sie richtig gut!

cum hoc ergo propter hoc

Daran, dass der jugendliche Amokläufer im aktuellen Fall auch und insbesondere pornografische Bondage Bilder auf seinem PC gespeichert hatte, nimmt niemand anstoß. Wir sind hier im negativem Sinne noch meilenweit vom Playboy entfernt! Stattdessen setzt man ehemalige Computerspielsüchtige Jugendliche, die wohl den ein oder anderen Termin beim Logopäden versäumt haben, in Talk-Shows und vermischt eins mit dem anderen, um im Resultat den Computer, das Computerspiel sowie das Internet an sich weiterhin als das Böse der Menschheit anzusehen. Man möchte schnell Lösungen haben, weg mit dem, was man nicht versteht, und ein paar versprengte, ehemalige Spieler sind doch das beste Argument? Das macht Kerner mit Scientology jedes Jahr aufs neue! Es ist nur zu offensichtlich, dass ein solches, tragisches Ereignis instrumentalisiert wird, um gegen etwas zu sein, dass man nicht versteht: Internetkultur und Computerkonsum!

Ihr wisst nicht, was ich denke
aber ihr wisst, es ist schlecht
Ihr versteht nicht, was ich sage
aber ihr wisst, ich habe Unrecht

Meiner Definition nach ist das Ignoranz, und dass empfinde ich weitaus schlimmer, als im Pixelbrei zu schwimmen. Das zeichnet sich sowieso immer wieder aufs neue ab: Computerkonsum ist grundsätzlich schädlich, vollkommen egal, was, und von dem wir keine genaueren Angaben haben, die Jugend gerade so treibt. Dass Netzwerke wie studivz längst reales Leben darstellen ist für Studienführer jenseits der Bewusstseinsschwelle nur schwer fassbar, und deshalb wird laut nach alternativen Angeboten geschrien. Für sich genommen ist das nicht einmal schlecht, im Gegenteil! Es würde wohl manches mal auch mehr helfen zu sensibilisieren, was man da überhaupt macht, statt pro forma zu verbieten. Denn das Spektrum von Computerspielen reicht von gutem Wein bis zur Tetra-Pak Plörre. Wie sagte unser Bundespräsident gerade:

Sagt uns nicht der gesunde Menschenverstand,
dass ein Dauerkonsum solcher Produkte schadet?

Herr Köhler, wie definieren Sie „solche Produkte“? Haben Sie darauf wirklich eine fachliche Antwort, und wenn ja, warum nennen Sie das Kind nicht beim Namen? Ich habe da so eine leise Ahnung!

 

Lasst uns doch endlich die „Killerspiele“ verbieten – dann haben wir bei dem nächsten Amoklauf vielleicht endlich Zeit einzugestehen, dass die Problematik nicht so einfach in den Griff zu bekommen ist, schon alleine, weil sich jede statistische Erhebung direkt ausschließt. Wie sagte der gute Herr Pfeiffer kürzlich in der Phönix Runde sinngemäß:

Aber alle Amokläufer haben Killerspiele gespielt

Das’s ja mal ’n Ding! Fakt jedenfalls ist, dass Computerspiele derzeit statistisch ein Amoklauf Risiko im Millionstel-Bereich beherrbergen würden, wenn jeder Amoklauf ausschließlich und exklusiv mit dem Killerspiel-Konsum korreliert. Achtung Polemik: Da kenne ich aber Medikamente mit höheren Nebenwirkunngen, die mit Kusshand auf den Markt geworfen werden.

Dann wird anklagend in den Raum geworfen, dass der Junge am Tag vor seinem Amoklauf ja Far Cry 2 gespielt hat, und man endlich die Killerspiele verbieten solle! Ich fühlte mich an Uwe Schünemann, seines Zeichens Innenmenister in Niedersachsen, erinnert, der in einem Interview vollmundig von Verboten für Spiele gesprochen hat, die längst nach bestehender Gesetzeslage verboten waren – zurecht verboten übrigens, Manhunt ist wirklich eine Zumutung, unabhängig vom Alter. Es wird aber immer so getan, als hätte das alles den staatlichen „geeignet“ Stempel für Jugendliche. Da hat auch die Sendung „Frontal 21“ keine Skrupel, jugendliche das Spiel Doom III auspacken zu lassen, auf dem auf dem Cover dick der rote Hinweis „keine Jugendfreigabe“ prangert, und mitzuteilen, dass spiel wäre „nicht jugendgefährdend“ und „frei verkäuflich“. Auch Far Cry 2 hätte Tim K. überhaupt nicht besitzen dürfen. Das habe ich in der öffentlichen Debatte noch nicht einmal gehört, im Gegenteil wird der Eindruck erweckt, dass Spiel befand sich vollkommen legal in seinem Besitz.

Und dann findest Du für alles einen Grund
damit ist bleibt wie es ist
für jeden Schwachsinn eine Rechtfertigung
und Du weiter einer von ihnen bist

Das eigentliche Problem sehe ich darin, dass Millionen merken, welche offensichtliche Handlungsart und Kompetenz im Bereich unserer Volksvertreter herrscht. Die für mich große Ausnahme stellte hier jüngst allerdings Armin Laschet, der das Thema durchaus besonnen und differenziert angegangen ist, aber Millionen haben gelacht, als Herr Pfeiffer World of Warcarft, ein Fantasy Rollenspiel welches im Mittelalter spielt, als ein Spiel erklärt hat, dass im zweiten Weltkrieg spielt, und die ganze Reihe bei hart aber fair artig mit dem Kopf nickt. Millionen haben gelacht, als Innenminister Verbote für etwas fordern, dass längst verboten ist. Millionen haben gelacht, als Frontal 21 berichtete, Robert Steinhäuser hätte mit brutalen Videospielen das Zielen geübt. Millionen lachen auch heute, wenn Internet-Reglementierungsforderungen publik gemacht werden, die vor allem eins deutlich machen: Man weiß nicht im Ansatz, was das Internet ist, und wie es funktioniert. Aktuelle Diskussionen in einem Fachforum zum Vorstoß des „Internet-Alarm Buttons“ von Frau von der Leyen?

  • Wir brauchen Profis, nicht Leyen
  • Ach, unsere Bild-Schlagzeilen Uschi!
  • sinnbefreiter Aktionismus ist bei Frau der Leine Programm
  • Von Laien erdacht
  • Kann nicht mal jemand die Weiber aus der Politik zurückpfeifen ?
  • Jeden Tag eine neue bescheuerte Idee
  • Ich stelle mir gerade so einen großen Notaus-Pilz vor
  • Hallo, Polizei! Da ist ein Troll in meinem Chat!
  • Für wie blöde hält die gute Frau eigentlich unsere Jugend?
  • Bestechende Logik
  • Ach die arme Frau
  • Liebe Tante Ursula
  • Sie ist schon ’ne Süße unsere Uschi
  • Welcher Fachmann hat den Politkern erzählt, dass es das Internet gibt?
  • Gangsta_12 an Notruf 110: Ich glaub der hansel_19 plant was böses…
  • das ist die generation, die heute noch die ‚auskunft‘ anruft

Alles nachzulesen bei heise.de! Über 500, teils köstliche Kommentare!

Ich nenne das gerne RTL-Shop Effekt. Wenn ich mir da eine Präsentation eines Produktes anschaue, mit dem ich mich auch auskenne, z.B. ein Computersystem, kann ich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, mit welchen Argumenten da versucht wird, ein überteuertes Produkt an den Mann zu bringen. Wenn ich das nun auf alle Produkte projeziere, wird mir die Qualität des Kataloges erst bewusst.

Politik und Medien verspielen mit ihrer Art Berichterstattung den Kredit bei der nachwachsenden Generation. Aber was ist „nachwachsende Generation“? Heutige Mittdreißiger haben mal gerne 20 Jahre Killerspiel-Kompetenz. Auch das ist die Generation der Computerspieler. Und sie merkt, dass sie offenkundig nicht mehr ernst genommen wird, dass man sich gar nicht wirklich mit ihr beschäftigt, aber altklug längst die Antwort hat, um das eigene Weltbild weiter zu schützen. Zumindest ist das mein Empfinden. Wie sagte Ekel Alfred (und kopierte Dieter Nuhr)

Wenn man keine Ahnung hat,
einfach mal Schnauze halten

Zumindest wirken fadenscheinige Begründungen und Lösungen nicht sonderlich hilfreich, weder bei der Zielführung, noch bei der Jugend, die man, zumindest und wohl ausschließlich medial so geschürt, gerade mal wieder zu verlieren glaubt.

Wir eröffnen die Hexenjagd

3 Antworten auf „The darkness inside“

  1. Schnauze halten, finde ich gut!

    Nur wer in dieser Mediengesellschaft nichts sagt, der existiert nicht – und wer will das schon?

  2. … und die Perversion nimmt neue Maßstäbe an, jetzt kurbelt Lang Lang schon seine Welttournee mit zweifelhafter Pressearbeit an:

    http://www.abendblatt.de/daten/2009/03/23/1095748.html

    Klar, damit bekommt man in der geifernden Presse derzeit problemlos eine Meldung, heute ist sie überall zu lesen. Einem Kind einen Lutscher klauen, wäre wohl schwieriger…

    Und Beckmann musste ich gerade auch abschalten. Immerhin hat der gute Theo Waigel noch angemerkt, dass er Laie auf dem Gebiet ist, bevor er ausgeholt hat. Dafür hat die Fachabteilung, die „auch mal den jugendlichen über die Schulter zugeschaut hat“, wieder gut vom Leder gezogen.

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