Nachträglich alles Gute!

Matthiaskirche in Budapest - Einsicht
Matthiaskirche in Budapest - Einsicht

„Christi Himmelfahrt“ wurde gestern gefeiert, sofern im Nebel des Alkohols noch Zeit dafür war. Da kann man nur gute Besserung wünschen. Tatsächlich ist aktuellen Studien zum Thema auch nur noch jeder fünfte Christ überhaupt bereit, die Himmelfahrt Christi gottgegeben so hinzunehmen, immerhin vier von fünf haben doch arge Zweifel an dem überholten Mythos, unter den „Offiziellen“ sieht es kaum besser aus. Aber wenn nicht Jesus, wer dann? Ich möchte nicht schon wieder ein kirchenkritisches Pamphlet veröffentlichen, damit langweile ich ohnehin schon viel zu viel. Außerdem ist es aufgrund der scheunentorgroßen Vorlagen auch ziemlich billig. Wer Homosexualität mit Homöopathie heilen willen, wie es pünktlich zu Himmelfahrt durch die Medien ging, disqualifiziert sich ohne weitere Notwendigkeit von außen schon von ganz alleine. Wer sich aberwitzige Wunder schöpft um verstorbene Päpste zu erhöhen, ebenso. Mir geht es darum: Benötigen wir den gesetzlichen Feiertag zur Christi Himmelfahrt noch?Es ist ein wenig vergleichbar mit den großen Volksparteien, die längst nicht mehr das Volk um sich scharen, aber glauben, noch immer für sie zu sprechen. 40% Zustimmung bei 90% Wahlbeteiligung sind nun mal ein signifikanter Unterschied zu 40% Zustimmung bei 50% Wahlbeteiligung. Und so wie die großen Parteien längst keine Volksparteien mehr sind, so scheint mir auch die christliche Lehre längst keine Volksreligion mehr zu sein, obwohl die Restversprengten natürlich darauf pochen. Konfessionsstatistik fragt nicht nach Glaubensinhalten, und „irgendwie christlich“ sind wir schon, zumal man Nächstenliebe labelt. Aber die Bruchstelle im Glaubensbekenntnis ist doch denkbar schnell erreicht. Mit Hölle möchten wir auch nichts mehr am Hut haben, an Teufel glauben wir nur sehr widerwillig und die Wunder Jesus` sind vielleicht gerade noch ne gute Story um sie als Metapher zu gebrauchen. Aber Engel sind super, und Gott ist für viele Christen heute eine wundersame Energie, bildlich in wabernde Masse erklärt!

Wir sind geübt darin aus reiner Folklore alten Traditionen anzuhängen, statt unser nachweislich gesteigertes Weltverständnis in neue Formen und Bräuche zu gießen. Gräbt jemand unsere Überreste in ein paar 1000 Jahren aus, wird er unmißverständlich, sofern er ein geeignetes Lesegerät hat, zum Schluß kommen müssen, dass wir formell sehr stark gläubig waren. Wir werden belächelt werden, wie wir heute diejenigen belächeln, die vor vielen Monden noch aus Furcht vor Gottes Strafe das Weite suchten, wenn ein Gewitter aufzog. Und es wird derzeit ja immer schlimmer mit der Rechtfertigung Gottes.

Wäre es nicht an der Zeit die zu ehren, die es nach unserem heutigen Weltbild wirklich verdient haben? Und während ich diese Zeilen in meinen Quantencomputer schreibe, fällt mir da kein geringerer ein als Planck und die Schar Wissenschaftler, die er um sich wusste: Einstein, Bohr, Heisenberg. Es wäre an der Zeit nicht der Himmelfahrt Christi zu gedenken, die keiner gesehen hat und keiner beweisen kann, und die darüber hinaus niemandem wirklich nutzt, außer dem Apparat und der Unmündigkeit an sich. Es scheint mir sinnvoller denen zu gedenken, die uns und unsere Gesellschaft wirklich weiter gebracht haben, und wenn sie lange tot sein müssen um ehrbar zu sein, fielen mir auf Anhieb Epikur und Platon ein, die nachweislich unser aller Leben zum besseren mehr beeinflusst haben, als jeder Wanderprediger aus der Wüste, dessen großes Ergebnis, unabhängig der Intention, es immer war, den Menschen und seinen Geist in Unfreiheit und Unmündigkeit zu halten. Atme!

Wenn die Welt wirklich einen Heilsbringer braucht, dann ist ein Alexander Fleming deutlich besser geeignet als jemand, der wundersam gen Himmel schwebte. Den Erfinder des Kühlschranks gebührt der Dank einer insgesamt gesunden, älter werden könnenden und wohl genährten Gesellschaft.

2 Antworten auf „Nachträglich alles Gute!“

  1. Vielleicht sollte man der Vollständigkeit halber hinzufügen, dass Alexander Fleming zeitlebens Katholik war und vom Vatikan mit der „Medaille des Guten Samariters“ geehrt wurde.

    Der Kühlschrank des Lutheraners Karl von Linde konnte es leider nicht verhindern, dass Fleming heute nur noch als Asche unter uns weilt.

  2. In einer Gesellschaft, die zu deren Lebzeiten zu 98% konfessionell gebunden war, schon rein des guten Tones wegen, wäre es ja gerade zu belustigend, wenn ausgerechnet die verbliebenen 2% alle ruhmreichen Entwicklungen voran getrieben hätten.

    Problematisch finde ich, dass doch allzu häufig die Konfessionszugehörigkeit als Grundlage einer Entwicklung gesehen wird, welche sie doch nur in den aller wenigsten Fällen auch tatsächlich war. Selbst Einstein nimmt man mal gerne in theologischen Besitz, und leugnet im Umkehrschluss die Konfessionszugehörigkeit unbeliebter Personen, selbst wenn sie ihre Handlung theologisch begründeten. („Das atheistische Nazi-Regime“ => https://www.armin-gerhardts.de/2010/05/10/das-atheistische-nazi-regime/).

    Man könnte auch der Vollständigkeit halber erwähnen, dass Fleming guten Käse genoss, aber das wird höchstens das Marketing von ich-liebe-kaese.de interessieren, für seine Forschung dürfte das eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben. 😉

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